STEREA SKIA
2015
Tim Otto Roth
*1974 in Oppenau/Schwarzwald
6-Kanal-Videoprojektion, virtuelles anaglyphisches Schattentheater in 8 Szenen, 09:51 min., kein Ton
Tim Otto Roth hat eine besondere Art des Schattenspiels entwickelt: Menschenschatten bewegen sich über die Wand. Die Schattenwürfe der an das Gradierwerk angrenzenden Straße ziehen vorbei. Die Schatten geometrischer Figuren drehen sich im Scheinwerferkegel. Auf den ersten Blick irritieren die Schatten aufgrund ihrer roten und blauen Ränder. Das Geheimnis erschließt sich, wenn der Betrachter die Projektionen durch eine Anaglyphenbrille betrachtet. Die flachen Schatten werden zu körperhaften Figuren im Raum. Sie lösen sich von der Projektionsfläche, bewegen sich auf den Betrachter zu oder dehnen sich nach hinten in die Wand aus Schwarzdorn aus. Dieses optische Phänomen wird dadurch erzeugt, dass Roth keine weiße Lichtquelle verwendet, sondern in der Computersimulation mit rotem und blauem Licht arbeitet. Inspiriert ist die Arbeit von der Frage, wie sich unsere alltägliche Wahrnehmung verändern würde, wenn die Erde nicht von einer, sondern von zwei verschiedenfarbigen Sonnen beschienen würde – die überwiegende Zahl an Sonnensystemen bestehen aus mehr als nur einem zentralen Stern.
Projektassistenz: Miriam Seidler, Wonbaek Shin, Jun Park | 4D-Modell: Fachbereich für Mathematik und Informatik der FU Berlin
Tim Otto Roth studierte ab 1994 Politik und Philosophie in Tübingen und wechselte 1995 an die Kunsthochschule Kassel. 2001 war er Meisterschüler von Floris M. Neusüss, 2004 folgte ein Abschluss in der Theorie der Visuellen Kommunikation. 2014 promovierte er zur Kulturgeschichte von Schattenbildern an der Kunsthochschule für Medien in Köln. In seinen künstlerischen Arbeiten verbindet er auf besondere Weise Kunst und Naturwissenschaften. In der projektiven Übersetzung von Körpern in Schatten, durch das Schaffen von Klangräumen oder durch die künstlerische Auseinandersetzung mit der Faszination für den Weltenraum am nächtlichen Himmel erkundet er den Raum auf unterschiedliche Weise. Viele seiner Arbeiten lassen sich daher als ein Plädoyer für eine „Physik der Kunst“ begreifen. Tim Otto Roth arbeitet mit Wissenschaftlern führender Forschungseinrichtungen zusammen. Seine Arbeiten werden international ausgestellt.